Vorsicht,
dieser Bericht ist relativ lang und noch in etwas euphorischer Stimmung aus der
unmittelbaren Erinnerung am Abend geschrieben, denn auch diesmal war die
Teilnahme an der ULTRAMARATHON-Staffel am 6. RÖNTGENLAUF
2006 in REMSCHEID für mich ein denkwürdiges und nachhaltiges Erlebnis ...
Die
Strecke beträgt insgesamt 63,3km – ein klassischer ULTRAMARATHON. In 3 Etappen
zu je 21,1 km werden als 1. Ziel das Industriedenkmal CLEMENSHAMMER
(Halbmarathon), als 2. Ziel (Marathon) das FREIBAD ESCHBACHTAL und als Endziel
der letzten Etappe (Ultramarathon) der Ausgangspunkt am SPORTZENTRUM
HACKENBERG erreicht. Der
Höhenunterschied auf der Ultrastrecke beträgt 1.100 Meter. Der erste Abschnitt
führt bei 360 Höhenmetern tendenziell abwärts, der zweite Abschnitt ist
weitgehend mit 450 Höhenmetern ausgeglichen, während im letzten Abschnitt der
Höhenverlust vom Anfang wettgemacht wird.
Nach
dem Gewinn des Titels „Älteste Ultramarathon-Staffel“ im Jahr 2004 (zusammen
mit den verstorbenen Freunden Erich Roell, 66 Jahre
(+) und Bernd Janowsky, 58 Jahre (+) und mir damals
49 Jahre = 173 Jahre ! insgesamt 5:02 Stunden) und dem Gewinn des Titels „Beste
Ultramarathon-Mixed-Staffel“ im Jahr 2005 (zusammen
mit Nele Wild-Wall und Stefan Lippold im Team BSG WAZ
/ TUSEM Essen, insgesamt 4:38 Stunden) rechnete ich mir in diesem Jahr in der
neu formierten Ultramarathon-Staffel der Männer unter dem Namen „Alfried Krupp
Krankenhaus“ (mit CHRISTIAN EICK, 35 Jahre, und FLORIAN GLAHN, 30 Jahre) einen
Platz unter den ersten 10 bei den Ultramarathon-Staffeln aus.
Zusammen erwarteten wir als Mannschaft bei Einzelzeiten von
1:30 und 2 x je 1:25 Stunden für die einzelnen Halbmarathon-Abschnitte eine
Endzeit von insgesamt ca. 4:20 Stunden !
Das war schon ziemlich optimistisch gedacht, da ich nach meinen
beidfüssigen Blutblasen vom Baldeneysee-Marathon und
der folgenden schmerzhaften Sehnenscheidenentzündung entlang der unteren
Schienbeinkante ziemlich gehandicapt in den Lauf hineinging. Ich wusste vom
Lauftest am Vortag, dass ich vor allem beim Bergablaufen mit starken Schmerzen
rechnen musste. Doch Wettkämpfe können durch ENDORPHINE ja auch eine
aufmunternde und zugleich schmerzbetäubende Wirkung haben : also hinein ins
RISIKO ...
VOR
DEM START
Am
Morgen war zunächst frühes Aufstehen und Anreise aus Essen angesagt : doch Gott
sei Dank fällt der Röntgenlauf ja immer auf das Wochenende mit der schönen
ZEITUMSTELLUNG - 1 Stunde Schlaf
geschenkt ... Bei einer Ankunft um 7:30
Uhr in Lennep kann man noch recht gut einige nahe
Parkplätze finden, um dann in ca. 10 Minuten fußläufig oder per Pendelbus das
Sportzentrum HACKENBERG bequem zu erreichen. Auf dem Gelände liegt auch das
Freizeitbad H2O, in dem man nach dem Lauf entspannen kann. Es ist also für alles
gesorgt ...
Die Stimmung vor dem Start ist wie immer großartig. Die Anmeldung klappt
ruckzuck, alle offenen Fragen werden sofort und freundlich geklärt. Die
Ummeldung unseres Lauf-Chips klappte problemlos. Auch die Abgabe der Kleider
für die verschiedenen Endpunkte ist mit minimalem Zeitaufwand möglich. Große
Hilfsbereitschaft überall ....
Darüber
hinaus meinte es das Wetter fast den ganzen Tag sehr gut mit uns: es gab keinen
Regen, ein etwas böiger Wind, aber Temperaturen im Bereich von 12 – 18°C gegen
Mittag bestimmten das Laufklima. Der Start klappt diesmal ziemlich pünktlich um
8:33 Uhr, weil keine Autos in der Innenstadt abgeschleppt werden mussten : die
Oberbürgermeisterin Beate Wilding feuerte die
Startpistole ab und unter dem großen Beifall der einheimischen Bevölkerung
setzte sich daraufhin der lange Läuferwurm in Bewegung. Unter den ca. 4.000
Läufer und Läuferinnen befanden sich etwa 1.500 Läufer mit dem Ziel Halbmarathon (21,1km), 300 Läufer als Marathonis (42,2 km) und 400 Läufer mit der Absicht, die
gesamte Strecke als Ultramarathon (63,3km) zu laufen. Daneben gab es noch den Utramarathon-Staffel-Wettbewerb mit ca. 100 Mannschaften,
bei dem 3 LäuferInnen jeweils 21,1km der
Ultramarathon-Strecke bewältigen. Der Rest des Feldes konnte sich am Marathon-
oder Halbmarathon-Walking beteiligen. Daneben gab es
zahlreiche Wettbewerbe für Schüler und Jugendliche ....
DIE
ERSTE ETAPPE (bis 21,1km)
Schon wenige Meter nach dem Start werden die Läufer durch
eine kräftige Steigung auf über eine Strecke von ca. 500 Metern
auseinandergezogen – danach geht es erst einmal hinab in das Stadtzentrum der
Stadt LENNEP : Lennep ist voller enger Gassen mit
Kopfsteinpflaster; die kleinen Sträßchen verlaufen kreuz und quer, bergauf und
bergab und sind gesäumt von den romantischen Fachwerk- und Schiefer-Häusern
dieser Gegend. Überall stehen am Rand Leute und feuern die Läufer an – das tut
gut, denn die einsamen Abschnitte werden ja
noch folgen ...
Nach
einer großzügigen Schleife durch die Innenstadt, wo man am Röntgen-Museum und
Geburtshaus des berühmten Sohnes der Stadt und Namensgeber des Laufes vorbei
läuft - eine Erinnerungstafel verweist
auf Wilhelm Conrad Röntgen - geht es am Alten Rathaus vorbei und über den Marktplatz
und schließlich wieder bergauf und zurück zum Sportzentrum Hackenberg ... und
von dort dann endgültig hinaus in die weite Landschaft um die beiden
Ortschaften LENNEP und REMSCHEID herum. Sie ist voller Hügel, Wiesen und Wälder
mit Büschen und Bäumen in den kräftige Farben des Herbstes, der sein würziges
Aroma tief in unsere Läuferbrust hineinbläst ...
Bei 5km stoppe ich für mich genau 20:00 Minuten; gut, das
kenne ich schon vom Vorjahr – 4:00 Minuten pro KM, aber die kniffligen Stellen
sollen ja noch folgen ...
Auf den nächsten Abschnitten, die über kleinere Strassen,
kurvenreiche Feldwege und entlang von Wiesen und Äckern führen, ergeben sich
immer wieder wunderbare Ausblicke in die bergische Landschaft hinein – in der
Ferne lockt dann schon der pinselförmige Wasserturm. Viele Abschnitte verlaufen im Wald, dort sind
gefährliche „Hexenwurzeln“ und „Stolpersteine“ mit gelber Leuchtfarbe
angesprüht, um böse Stürze auf dem ansonsten Laub-bedeckten Boden zu vermeiden.
Der ständige Rhythmuswechsel im Laufen durch ständige Anstiege, Gefälle und
kürzere Flachstücke erschwert ein gleichmäßiges Laufen – dafür ist die
Landschaft immer interessant : kleine Bäche und Seen säumen den Weg. Die
Strecke ist diesmal wieder bestens präpariert mit Pfeilen auf dem Boden,
gelb-schwarzen Tafeln an Bäumen und Masten und dazu noch Flatterbänder. Nach KM
1 - 5 werden nur noch alle 5km genaue Kilometerangaben gemacht. Etwa 60
tüchtige Mountainbiker begleiten die
Läufer und motivieren sie auf der Strecke - vom Organisationsteam ein toller
Service für uns Läufer ...
Wir
passieren mehrere kleine Orte und Ansiedelungen an der Strecke, wie z.B.
HALBACH, GRUND und HAUSSIEPEN, wo kleinere Menschenpulks am Rande stehen, und
die Läufer mit Ratschen und Rufen anfeueren. Bei
LÜTTRINGHAUSEN geht es am Bahnhof entlang. Dann überqueren wir bei ca. 15 KM
die Ronsdorfer Straße, auf der der
Verkehr durch die POLIZEI angehalten wird. Es ist auf jeden Fall ein
ungewöhnliches Feeling an diesem Tag, auf ASPHALT zu
laufen (ich schätze vielleicht 10% der Strecke), fast zum inneren und äußeren
Ausruhen für die Füsse und die Gedanken, die sonst
mit großer Aufmerksamkeit den Untergrund im Voraus erahnen und sich im Kontakt
ertasten müssen: aufwärts, abwärts, schräge, gerade, gekrümmte Wege mit Laub-,
Sand-, Wiesen-, Schotter- und Schlammboden, gespickt mit verdeckten Wurzeln,
Steinen und vorbei an herabhängenden Ästen, die die
Sicht versperren ...
Nach
15km beträgt meine Zwischenzeit 1:02:00 – zu diesem Zeitpunkt nur ein Verlust
von 2:00 Minuten auf die 4:00 Minuten pro KM, was einer Durchschnittszeit von
4:08 pro KM entspricht - das ist viel
besser als erwartet und ich laufe noch immer in der Spitzengruppe der
Ultramarathonläufer um Sascha Velten, der von allen Seiten angefeuert wird.
Jetzt
aber kommt ein tückischer, äußerst steiler Wegabschnitt auf uns zu. Zunächst
kleinere Anstiege, dann aber bei 17 km das steilste Stück mit weit über 15% –
ich entscheide mich hier für das energiesparende Gehen, denn ich will mir noch
einige Reserven aufsparen für die letzten 3km bergab zum Clemenshammer. Etwa 6
– 8 Läufer passieren mich in diesem Abschnitt, kommen aber im Joggingschritt
kaum weiter als etwa 50 Meter vor mich. Das habe ich in den Abschnitten auf den
Abwärtsstrecken immer wieder wett machen können. Also Ruhe bewahren: „Nur noch
100 Meter bis zur Kuppe, dann geht es nur noch bergab ...!“ tönt es plötzlich
von der Seite. Das klingt wie ein Fanal für mich: ab in den Laufschritt und
nach einer halben Minute liegt eine lange breite laubbedeckte Wald-Chaussee vor
mir ! Von nun an wird es viel leichter : bei 18 km beginnt der lange Abstieg
zum Clemenshammer. Inzwischen ist es 1:17:00 geworden: eine Zeit unter 1:30:00
ist also möglich ! Jetzt heißt es
angreifen ...
Die
Schmerzen im Bein sind längst vergessen bzw. von den Endorphinen „kaltgestellt“.
Vor mir liegt die Gruppe der Läufer um Sascha Velten, immer näher rückt sie ...
nach ca. 1 km habe ich sie erreicht; fast erstaunt reagieren die 5 Läufer auf
die Überholung und im weiteren Verlauf der Strecke verklingen die Schritte und
Geräusche hinter mir immer mehr. Vorne das nächste „Opfer“ wir nach einem
weiteren Kilometer erreicht – jetzt sehe ich nur noch einen Läufer ca. 150
Meter vor mir, den ich aber nicht mehr erreiche ...
Mit
gelegentlichem Blick zur Seite erkenne ich die vielen kleinen malerischen
Staustufen, die hier entlang des SAALBACHES künstlich angelegt sind ... an der
Talsohle erwartet uns dann im GELPETAL der CLEMENSHAMMER – wo das Ziel des
Halbmarathons erreicht wird.
Schon im Mittelalter wurden in der Gegend mit Wasserkraft kleine Schmiedehandwerke
betrieben: man fertigte Werkzeuge wie Hacken, Sicheln und Sensen, später auch
Sägen und Feilen. Im Jahr 1750 gab es 30 spezielle Hersteller, die über 400
verschiedene Produkte fertigten; um 1800 waren es schon 4.000 verschiedene
Erzeugnisse aus Eisen und Stahl: der bergische Raum wurde zusammen mit dem
Ruhrgebiet zum größten zusammenhängenden Gebiet der Eisenverarbeitung in
Deutschland. Der gute Ruf des „Made in Germany“ hat sich bis heute erhalten
! Die Wasserkraft wurde dabei zur
Veredelung und Verformung des Metalls genutzt. Wassergetriebene Hammerwerke und
Schleifkotten beschleunigten die industrielle
Entwicklung des eisenverarbeitenden Gewerbes. Rund um Remscheid, gerade am
Morsbach und an der Gelpe standen viele
Wassertriebwerke an rasch dahinfliessenden
Bergbächen.
Dabei ist der 1746 errichtete STEFFENSHAMMER im Ortsteil Clemmenshammer der einzige noch erhaltene Wasserhammer in
diesem Gebiet. Er liegt malerisch am aufgestauten Hammerteich und beherbergt
die Zeugnisse der vergangenen Industriegeschichte. Von einem grossen aussenliegenden Wasserrad
angetrieben, dreht sich die acht Tonnen schwere Holzwelle noch heute. Eingelassene
Zapfen heben den Schwanzhammer, der in regelmäßigen Anständen dröhnend auf den Amboß niederfällt. Über ein zweites, kleineres Wasserrad
lief ein ausgeklügeltes Transmissionsystem, mit dem
ein Federhammer, ein Schleifstein und das Gebläse des Schmiedefeuers
angetrieben wurden. Heute gehört der Stadt Remscheid die Anlage, die als
Industriedenkmal dem Deutschen Werkzeugmuseum angegliedert ist. Noch heute wird
der Hammer für Führungen in Betrieb gesetzt.
Die
Geräusche des Lautsprechers und der Zuschauer dringen jetzt an mein Ohr, dann
knickt der Weg plötzlich nach rechts ab und ich erkenne die lange Zielgerade –
dicht gedrängt stehen hier die Leute wie bei einem Stadtmarathon und saugen die
Läufer mit ihrem tosenden Beifall förmlich ins Ziel hinein !! Mein kurzer Blick
zur Uhr zeigt 1:28:31 Stunden – phantastisch !!
Und ANDREAS MENZ als toller Kommentator im Ziel vor seiner vertrauten
heimischen Kulisse begrüßt mich herzlich und klärt die lokalen Zuschauer über
das Laufprofil des „Professor“ und das „ALFRIED KRUPP KRANKENHAUS“ auf, das man
ja eigentlich nicht bei einem Laufwettbewerb erwartet.
RESUMEE
nach der ERSTEN ETAPPE
„Du
bist etwa 20. geworden und in der Mannschaft liegen wir derzeit auf dem 7.
Platz !“ ruft mir CHRISTIAN EICK noch
zu, dann folgt schnell der Chip-Wechsel und ab geht es für ihn und unsere
Mannschaft zum zweiten Abschnitt ...
Kurz
überlege ich noch, ob ich den zweiten Abschnitt und damit den Marathon zuende
laufen soll, aber eine kurze Inspektion meines rechten Beines genügt, um das
Rennen hier zu beenden: es ist an der Schienbeinkante livide
verfärbt und stark geschwollen - das
reicht für heute ! Beim Anblick und in der Ruhe stellen sich dann auch die
Schmerzen wieder ein : die Augen sind einfach schlechte Psychologen ! Etwa 1
Minute später wird NELE WILD-WALL aus
Essen als Siegerin des Halbmarathons im Ziel mit neuem Streckenrekord gefeiert:
1:29.26 Das Gespräch mit ihr und der Austausch der Gedanken über die Strecke
und den Rennverlauf lenken wunderbar ab. Zum Auslaufen für mich reicht es aber
nicht ...
DIE
ZWEITE ETAPPE (bis km 42,2)
Der
zweite Abschnitt führt zunächst am MORSBACH entlang durch herbstlich gefärbte
Laubwälder. Bei BREITENBRUCH wird eine Verkehrsstraße überquert. Danach folgt
ein giftiger Anstieg durchs Gehölz hinauf Richtung HOLZ (bei km 25);
entsprechend steil geht es dann auf der anderen Seite wieder hinunter und dann
wieder entlang des MORSBACH. An der Strecke sieht man immer wieder alte und
teilweise verfallene Schmiedewerkstätten, die von der alten Industriekultur
zeugen: einige sind zu Gaststätten umfunktioniert worden.
Ein
Highlight wird bei km 30 erreicht : durch den Laubwald kann man in der Höhe die
schöne Eisenkonstruktion der MÜNGSTENER BRÜCKE erkennen, die im Jahr 1897 in
Betrieb genommen wurde. Sie ist ca. 500 Meter lang und gilt mit ihren 107
Metern lichter Höhe immer noch als die höchste Eisenbahnbrücke in Deutschland.
Ursprünglich trug das Bauwerk den Namen Kaiser-Wilhelm-Brücke zu Ehren Kaiser Wilhelm I.. Doch nach dem Ende
der Monarchie 1917 wurde die nahe Siedlung Müngsten, die sich an der Stadtgrenze von Solingen und
Remscheid befindet, namensgebend.
Die
weitere Strecke führt im Wechsel von Aufstiegen und Gefällen auf guten
Waldwegen oberhalb der Wupper entlang. Bei LEHMKUHLE (ca. km 35) wird die Westhausener Straße überquert; im Herbstwald führt die
Laufstrecke dann parallel zur Hauptstraße und am ESCHBACH entlang, an dem auch
der KELLERSHAMMER und der HÜTTENHAMMER liegen. Nach einer weiteren Überquerung
einer durch die Polizei abgesicherten Straße verläuft der weitere Weg im
wunderschönen ESCHBACHTAL. Bei km 38 – 40 ist ein letzter steilerer Abschnitt
zu nehmen, bis bei km 40 an der Wermelskirchener Straße langsam der Abstieg zum
Freizeitbad beginnt, wo viele begeisterte Menschen versammelt sind, die das
Finish der MARATHONIS und die weitere Reise der ULTRAS mit ihrem Beifall
begleiten.
VOM
HALBMARATHON- zum MARATHON-ZIEL
Leider
gibt es keinen PENDELVERKEHR zwischen dem Halbmarathonziel Clemenshammer und
dem Marathonziel Im Freibad Eschbachtal. Dort hatte
ich nämlich meine Kleider deponiert, in der Hoffnung, doch den Marathon zu
laufen. Also müsste ich eigentlich erst zum Sportzentrum Hackenberg zurück und
von dort zum Marathonziel – und in meinen nassgeschwitzten Klamotten ist das
tödlich ... doch ich finde mit HERRN HÖLLER einen sehr netten Herrn von den
Remscheider Stadtwerken, der mich freundlicherweise direkt vom
Halbmarathon-Ziel zum Marathonziel am
FREIBAD ESCHBACHTAL in seinem Wagen mitnimmt – vielen Dank für den außergewöhlichen Service !...
In
eine blaue Mülltüte eingewickelt und mit einem weißen Shirt
von Nele versehen, komme ich dann etwas schlotternd
bei meinem Kleidersack im Marathonziel an. Doch die warme Dusche habe ich hier
ganz alleine für mich – was müssen Sieger von einer solchen Situation träumen !
Frisch
geschniegelt überrasche ich dann FLORIAN GLAHN mit meiner plötzlichen
Anwesenheit: bisher ist noch niemand durchs Ziel gegangen – er ist wirklich
heiß auf den 3. Abschnitt, als er von dem guten Ausgang meiner ersten Etappe
hört ; dann wird auch schon der erste Läufer angekündigt – ein Staffelläufer !
Ist es vielleicht bereits CHRISTIAN ??
Doch nach 2:45:18 Stunden wechselt zunächst einmal die Mannschaft des ATV
HÜCKESWAGEN (als Vorjahres-Zweite !) – weitere Minuten verrinnen und wir warten
gespannt auf die nächsten Läufer : würde es CHRISTIAN gelingen, vielleicht
einige Plätze gut zu machen – das ist ja immer die spannende Frage bei
Staffel-Läufen !
Und
da plötzlich taucht er mit seinem orangen Trikot am
Horizont auf ! Als zweite Mannschaft und nach 2:51:48 Stunden wechseln
CHRISTIAN und FLORIAN den Chip, und ab geht es für FLORIAN die 6:30 Minuten
Vorsprung auf dem letzten Abschnitt noch gut zu machen: Würde er das wirklich
schaffen, wäre das für alle Beteiligten und für uns eine Riesen-Überraschung !
CHRISTIAN
fragt zunächst nach einem kühlen BIER – doch das gibt es erst im Ziel des
Ultramarathon. Schade ! Deshalb duscht er erst mal. Dann suchen wir uns den
ersten möglichen Pendelbus aus, um möglichst bald ins Sportzentrum Hackenberg
zurückzufahren und den Zieleinlauf zu beobachten ! Dort sitzen auch schon die
Cracks, die den Marathon in Zeiten von 3:05 bis 3:20 Stunden geschafft haben.
Als wir noch im Bus warten sehen wir plötzlich KHALID GAZI aus Essen, der sich
heute den ULTRAMARATHON vorgenommen hat. Wir schicken ihm unseren Beifall und
die Anfeuerungsrufe mit auf den letzten Abschnitt ...
RESUMEE
nach der ZWEITEN ETAPPE
CHRISTIAN
und die Läufer im Bus berichten von den Beschwernissen des zweiten Abschnittes
– für CHRISTIAN war es sein schwerstes und bisher auch langsamstes
Halbmarathon-Rennen überhaupt: 1:23:17 Stunden für ihn, obwohl er doch mit einer Zeit von unter 1:20 Stunden
geliebäugelt hatte. Die mörderischen Steigungen und Gefälle haben jedoch von
ihm alles abverlangt und an der Substanz gezehrt. Er erzählt von zahlreichen
Überholmanövern auf der Strecke –
immerhin 5 Staffelplätze hatte er gut gemacht, einfach toll ! Jetzt lagen wir
schon auf Platz 2 – ein Podestplatz !
DIE
DRITTE ETAPPE (bis km 63,3)
Die
dritte Etappe beginnt zunächst mit einem relativ steilen Anstieg durch den Wald
! Das ist eine harte Herausforderung für alle, die sich fürs Weitermachen
entschieden haben. Auf der Höhe fast angekommen und in der Nähe der RASTSTÄTTE
REMSCHEID geht es dann unter der brummenden Autobahn A 1 hindurch; von dort aus
kann man bereits in der Entfernung die Staumauer der ESCHBACHTAL-SPERRE
erkennen. Diese Stauseen bestimmen den letzten Abschnitt der Strecke zunehmend.
An der rechten Seite wird zunächst ein steiler Anstieg genommen, der dann zu
einem guten und flachen Wegstück entlang des Stauseeufers führt.
Die
Eschbachtalsperre ist die erste Trinkwasser-Talsperre
in Deutschland; sie stellt eine Pionierleistung des Wasserbaus
dar. Bei der Eröffnung im Jahr 1891 war sie ein wichtiger Meilenstein in der wirtschaftlichen
Entwicklung von Remscheid dar. Sie wurde von dem Wasserbau-Architekten Otto Intze als Gewichtsstaumauer
gebaut. Dieses Bauwerk war später
Vorbild für eine Vielzahl von weiteren sogenannten Intze-Staumauern.
Daneben gibt es aber auch andere Bauformen für Talsperren. Bei der Sanierung
1991 – 1994 wurde eine 35 cm dicke Dichtwand aus Beton und einen Kontrollgang
an der Wasserseite sowie eine neue Drainage, Entnahmeanlage und
Messeinrichtungen eingefügt.
Nach
dem Verlassen des Stausees steigt auf den folgenden Kilometern der Weg ständig
leicht an. Erst bei der Ortschaft
BERGISCH-BORN führt der Weg wieder leicht abwärts. Kurz vor der
Ortschaft HÜCKESWAGEN wird die wichtige Zwischenzeit für 50km genommen. Die
Wegstrecke ist jetzt landschaftlich viel offener und führt über weite,
abgeerntete Felder, grüne Wiesen und durch kleinere herbstlich gefärbte
Waldstücke hindurch. In der Ferne sieht man die Häuser verschiedner
Ortschaften. Bei km 55 geht es dann auf einer leicht abschüssigen Teerstraße
nach OBERFELDBACH. Das glatte Straßenprofil ist eine wundersame Erholung für
die stark geschundenen Beine, die jetzt schon fast 1.000 Höhenmeter an Steigung
und Gefälle hinter sich haben. Nur noch 8km sind jetzt noch zu schaffen. Wer
bis hierher gekommen ist, läuft auch zuende !
Bei
km 57 erreichen die Läufer die moderne WUPPER-TALSPERRE, die seit 1987 als ein
Rückhaltebecken zum Hochwasserschutz und zur Speicherung von Wasser in den
Sommermonaten bei niedrigem Pegel dient. Die Steinschüttung ist ca. 40 m hoch.
Auf dem leicht geschotterten Weg läuft es sich gut am bewaldeten Ufer entlang
mit schönem Ausblick über den See auf das begrünte Gegenufer. Nach der
Überquerung der Bundesstrasse B 229 - wieder unter Polizeischutz - erreichen
die Läufer bei km 60 die letzte, sehr gut ausgestattete Verpflegungsstelle:
hier gibt es auch Cola neben den Iso-Getränken,
Wasser, Bananen und Riegel. Das tut gut.... Nebenbei erfährt man aber das
nochmals eine ziemliche Steigung auf die Läufer wartet. Erstmal
geht es aber weiter am Seeufer entlang; dann folgt aber bei km 62 wie aus dem
Nichts heraus ein Knick nach Links und dann die STEIGUNG – das tut richtig weh,
viele können hier nur noch aufwärts gehen ....
Die
ersten Wohnhäuser kündigen das Zielgebiet Hackenberg an. Auf der Strasse nimmt
dann die Steigung immer weiter ab – die letzte Kuppe wir genommen und schon
geht es die letzten 400 Meter leicht abwärts zum Sportzentrum ins Ziel, wo
viele hunderte Zuschauer die Läufer mit kräftigem
Beifall begleiten. Jeder der es geschafft hat wird namentlich beglückwünscht.
VOR
DEM ZIELEINLAUF im SPORTZENTRUM HACKENBERG
Am
Sportzentrum haben sich viele Hunderte von Menschen versammelt: Angehörige,
Freunde, Mannschaftskameraden und das lokale Publikum. Es gibt zahlreiche Buden
und Stände, die für die Verköstigung sorgen. Als wir eintreffen ist es aber
schon 12.30 Uhr – also bereits 4 Stunden nach dem Start des Rennens. Zunächst
gibt es das ersehnte Bier für CHRISTIAN und MICH. Für FLORIAN wird gleich ein
volles Glas zum Ziel mitgenommen – denn wir erwarten ihn ja schon in den
nächsten 20 Minuten. Doch noch gibt es keine Vorab-Information
von der Strecke : es wird richtig spannend !
Dann
endlich : das Führungsfahrrad erscheint und der erste Etappenläufer wird
angekündigt – die Spannung steigt bei den Zuschauern und uns ! Da plötzlich
taucht über der Kuppe ein Läufer auf : weißes Trikot ! Ist es FLORIAN ? Jaaaa ! Er hat seine typische weiße Kappe auf und läuft
leichtfüßig dem Ziel entgegen ! CHRISTIAN und ich fallen uns in die Arme bevor
FLORIAN die Zielgerade erreicht hat . Schnell noch ein paar Fotos vom
Zieleinlauf !
Der
Sprecher am Ziel scheint zu zögern : „Der Sieger kommt von der Staffel des
A...., ja des ALFRIED KRUPP KRANKENHAUS ! Das ist ein Krankenhaus in Essen !“
fügt er schnell noch als Erklärung hinzu, denn eigentlich hatte man ja einen
Laufverein erwartet – das ist neu in der Geschichte des Röntgenlaufes !
FLORIAN,
CHRISTIAN und ICH liegen uns glücklich in den Armen – wir können es immer noch
nicht fassen. Als wir am Morgen aus Essen losgefahren waren, hatten wir „Null
Erwartung“ auf einen Podestplatz und nun das . Platz 1 bei einem durchaus
renommierten Landschaftslauf in Deutschland in einer Zeit von 4:14:45 Stunden
!
Wir
erhalten jetzt alle drei die ULTRAMARATHON-Medaille.
Sie ist etwas besonderes, was nur derjenige bekommt der es bis hierher
geschafft hat – im Jahr 2006 im Einzelwettbewerb 41 Frauen (die schnellste in
5:30:31 Stunden) und 271 Männer ( der Schnellste in 4:38:03 Stunden) und dazu
die ca. 60 Staffeln.
Nach
der Medaille gibt es noch einmal die komplette Getränke-Auswahl, Riegel und die
berühmte Marathonschnecke. Doch wir genießen zu DRITT erst mal unser BIER,
machen FOTOS und lassen den Nachmittag in der Sporthalle bis zur SIEGEREHRUNG
gemütlich bei Gesprächen, Getränken und Futter ausklingen.
Die
Frau Oberbürgermeisterin selbst beglückwünscht uns; dazu werden die
Siegerurkunde, und ein „Siegerpokal“ in Form einer Schieferplakette und eine
Flasche Sekt überreicht – das Siegerfoto als Gruppenbild ! Dann brechen wir auf
und treten den Rückweg nach Essen an ...
Glück mit dem Wetter ! Tolle Betreuung, super Verpflegung,
begeistertes Publikum, lockere und heitere Stimmung unter den Läufern aller
Laufstrecken – ja, dieser 6. Röntgenlauf war wieder ein großer Erfolg für die Veranstalter
und für uns selbst !
WIR KOMMEN WIEDER ...